Am Anfang war nicht das Wort,
am Anfang gab es gar nichts dort.
Das brodelnde Chaos war am Beginn,
es brüllte und geiferte ziellos vor sich hin.
Es gab keine Grenzen, nur Toben,
es gab kein Unten, es gab kein Oben.
Da hinein warf Brahma lächelnd einen Funken,
kaum war jener seltsam still versunken,
bäumten sich auf die wilden Fluten,
spritzten auseinander die fauchenden Gluten.
Geboren aus des Chaos tiefstem Herzen
stieg empor unter furchtbaren Schmerzen
eine Kugel, aller liebst und fein,
getaucht in einen wunderbar milden Schein.
Die Kugel wuchs und formte den Raum –
verankert im Chaos – zum süßen Traum.
Als sie sich öffnete einem blauen Lotus gleich,
erwuchs aus dem Innern ein neues Weltenreich.
Wenn die frühe Morgendämmerung beginnt,
weiß Brahma bereits, dass der Tag verrinnt,
der dieser Welt zur vollen Entfaltung verbleibt,
ehe sie wieder dem großen Nichts zutreibt.
So vergehen unzählige Tage im Leben des Brahma,
an jedem vollzieht sich das immer gleiche Drama.
Viele Universen hinterlassen im Raum ihre Spuren,
in der Zeit sieht Brahma das Leben aller Kreaturen,
bis auch das höchste Wesen sich auflösen muss
in der dunklen Nacht, im ewigen Fluss.
Äonen später wird ein neuer Brahma erscheinen,
um das Sein wieder mit der Materie zu vereinen.
Und hoch droben auf seinem Thron
entlässt er von seinen Lippen jenen Ton,
der das Chaos befruchtet in einem fort –
denn erst war Brahma und dann das Wort.
Verfasser: Ich Bin Viele